2017

Jungle

Action

, Abenteuer

, Biografie

Regisseur: Greg McLean

Geschrieben von:

Emilio Merino

05.11.2023

Lesezeit ca.

3,5 Min.

Filmempfehlung

Jungle Filmkritik

Jungle Filmkritik

In diesem cineastischen Urwald, gewoben aus Licht und Blättern, wird der Zuschauer Zeuge eines Tanzes zwischen der unwiderstehlichen Schönheit der Natur und den tiefen Abgründen der menschlichen Existenz. Und wer konnte es ahnen, dass man sich als Zuschauer genauso in einem dichten Dschungel verlieren würde, wie Daniel Radcliffe in seiner Rolle als abenteuerlustiger Reisender, der statt sich auf den vorgegebenen Weg der Gesellschaft zu begeben, lieber nach seinem eigenen Abenteuer sucht.

Im Jahr 1981 entschließt sich der israelische Abenteurer Yossi Ghinsberg (Daniel Radcliffe) dazu, einen lang gehegten Traum zu verwirklichen: Die Erkundung des bisher kaum erforschten Dschungels Boliviens. Auf seiner Reise kreuzen sich seine Wege mit den Abenteurern Kevin (Alex Russell) und Markus (Joel Jackson), sowie dem österreichischen Aussteiger Karl Ruprechter (Thomas Kretschmann). Karl gibt vor, sich bestens im Amazonasgebiet auszukennen, und schließt sich der Gruppe an. Gemeinsam brechen sie zu einer Wanderung durch den undurchdringlichen Urwald auf, wobei nicht nur das Überleben eine Rolle spielt, sondern auch zeigt, was wahre Freundschaft eigentlich bedeutet.

Greg McLeans "Jungle" von 2017 entführt den Zuschauer in einen atemberaubenden Überlebenskampf im bolivianischen Dschungel, und mit Daniel Radcliffe in der Hauptrolle verspricht der Film nicht nur ein intensives Abenteuer, sondern auch einen Blick auf die tiefgreifenden Facetten menschlicher Existenz. Von beeindruckenden Naturaufnahmen bis zur fragilen Dynamik zwischen den Charakteren - "Jungle" spinnt hier ein Netz aus Schönheit und Verwirrung.

Die visuelle Brillanz des Films beginnt mit den Naturaufnahmen, die nicht nur den Dschungel als Kulisse zeigen, sondern ihn als lebendiges, atmendes Wesen präsentieren. Kameramann Stefan Duscio verzaubert die Leinwand mit einer Symphonie aus grünen Schattierungen, fließenden Gewässern und faszinierenden Tierbegegnungen. Der Dschungel wird zur Bühne und gleichzeitig zum mächtigen Gegner der Protagonisten. Dieser visuelle Reichtum ist wohl mein persönliches Highlight gewesen und verleiht dem Film eine poetische Qualität, die sich durch den gesamten Film zieht.

Die Dynamik zwischen den Charakteren, allen voran Daniel Radcliffes Yossi, bildet einen emotionalen Kern des Films. Die Überlebensreise durch den Dschungel wird zu einer Metapher für die menschliche Natur - Freundschaft, Konflikte, Verzweiflung und Triumph. Zwar ist die Handlung von Konventionen nicht befreit, doch ist es interessant zu sehen, welche Richtung „Jungle“ schließlich einschlägt. Die Charaktere sind nicht nur auf der Flucht vor der Wildnis, sondern auch vor ihren eigenen Ängsten und Unsicherheiten. Diese tiefgründige Darstellung menschlicher Emotionen verleiht dem Film eine erzählerische Tiefe, die ich ehrlich gesagt bei diesem Titel nicht erwartet habe. Jedoch tritt eine Unstimmigkeit in Form der Figur Karl (Thomas Kretschmann) auf, die mich bis zum Ende des Films nicht losgelassen hat. Obwohl mir Kretschmanns Schauspiel eigentlich ganz zu sprach, scheint Karl als Charakter nicht ganz schlüssig in die Erzählung integriert zu sein. Sein Verhalten wirkt in bestimmten Szenen unnatürlich bis fraglich und ließ mich mit der Frage nach der Motivation und der inneren Logik dieser Figur zurück. Ein Rätsel in einer ansonsten gut ausgearbeiteten Charakterlandschaft.

Daniel Radcliffe hingegen ist wohl das große Highlight des Films und konnte mich vor allem durch seine starke Mimik in den Bann ziehen. Radcliffe, der weit entfernt von seiner ikonischen Rolle als Harry Potter agiert, zeigt eine beeindruckende Bandbreite an Emotionen. Seine Glaubwürdigkeit in der Darstellung von Verzweiflung, Hoffnung und körperlicher Erschöpfung waren zu jeder Zeit spürbar und brachten eine Immersion mit ein, die einfach sehenswert ist. Gerade durch seine Mimik vermittelt Radcliffe subtil die physischen und psychischen Herausforderungen, denen sein Charakter gegenübersteht.

„Jungle“ ist ein Film, der über das Genre des Survival-Dramas hinausgeht und einen faszinierenden Einblick in die Verflechtungen von Mensch und Natur bietet. Mit seiner atemberaubenden visuellen Gestaltung, der emotionalen Charakterdynamik und der starken Leistung von Daniel Radcliffe steht „Jungle“ als kraftvolles und künstlerisch anspruchsvolles Werk da, das die Grenzen des herkömmlichen Abenteuerfilms herausfordert und seit langem mal wieder einen unterhaltsamen Abenteuerfilm im Dschungel bereitstellt, der The Rock in seiner immer wiederkehrenden Jungel-Action ziemlich alt aussehen lässt.